Dienstag, 13. März 2012

Die Spannung steigt. Es gibt wieder was zu Lesen!

Kaspar hatte Mühe, der Mutter zu folgen. Seit Stunden, so kam es ihm vor, lief sie vor ihm her, ohne langsamer zu werden oder nur ein einziges Mal anzuhalten, um sich auszuruhen. Seine Füße schmerzten und verlangten nach einer Pause, während Kaspar an der Mutter nicht das geringste Anzeichen von Erschöpfung verspüren konnte. Es schien, als wollte sie ewig so weitermarschieren, ohne Pause, immer dem schmalen Weg entlang, der sie fort führte von Bamberg, dessen schützende Mauern sie schon lange hinter sich gelassen hatten, und hinein in die Wildnis und eine ungewisse Zukunft.
„Mutter …“ Statt eines Rufes entrang sich nur ein trockenes Keuchen seiner Kehle, das Kaspar selbst kaum hören konnte.
Ein Zweig, den die Mutter zur Seite gebogen hatte, schnalzte zurück und Kaspar musste sich ducken, um nicht wie von einer Peitsche im Gesicht getroffen zu werden. Spitze Steine und dornige Ranken, auf die er trat, stachen durch seine ledernen Schlappen. Brennnesseln streiften seine halb zerrissene Hosen. Er zischte vor Schmerz.
„Mutter, bitte.“ Kaspar machte zwei schnelle Schritte, um zu ihr aufzuschließen, und legte ihr die Hand auf ihren Arm. „Sag, wie lange müssen wir noch laufen? Wohin gehen wir?“
„Weg …“, seufzte sie. „Weit, weit weg …“
Abrupt blieb Kaspar stehen. Wusste die Mutter überhaupt, in welche Richtung sie wanderten? Seine Schultern sanken enttäuscht herab. „Aber wo liegt unser Ziel?“, wollte er wissen.
„Ich weiß es nicht …“ Ohne sich umzudrehen, ging die Mutter weiter.
Entweder bemerkte sie Kaspars Widerstand nicht, oder sie ignorierte ihn einfach. So oder so, er war es leid, ihr einfach nachzurennen.
Entschlossen setzte Kaspar sich auf den Waldboden.
„Nun komm endlich“, drängte die Mutter.
„Keinen Schritt mache ich mehr“, entschied er. Kaspar verschränkte die Arme vor der Brust. „Erst will ich wissen, wohin wir gehen.“
Endlich blieb die Mutter stehen. Sie wandte sich nicht um, doch ihre Hände ballten sich zu Fäusten und die Fingernägel gruben sich in ihre Handballen. „Ich weiß es nicht“, wiederholte sie.
„Wir könnten doch nach Bamberg zurückkehren“, schlug Kaspar vor. „Sicher gibt es dort Menschen, die uns beschützen.“
„Bamberg ist zu gefährlich. Dort können wir keinem trauen.“
„Aber wohin können wir uns wenden? Wir brauchen einen Plan. Ein Ziel. Lass uns nach Norden gehen. Ans Meer“, sprach Kaspar seine Gedanken einfach laut aus. „Als blinde Passagiere verstecken wir uns an Bord eines Schiffes und fahren weit weg. Oder wir reisen nach Westen. Wir verlassen das Reich und werden Franzosen.“
„Oh Kaspar“, stöhnte die Mutter. „Du bist und bleibst ein Träumer.“



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