Mittwoch, 2. Mai 2012

Buchvorstellung 19.04.2012

 Auf dem Bild von links nach rechts: Jörg Schumacher (Einhorn-Verlag), Hans Kloss, Sybille Bruckner-Schmidt, Timo Bader, Oberbürgermeister Richard Arnold.


Gmünd-Roman zum Jubiläumsjahr: „Im Bann der Staufer“
Pünktlich zum Schwäbisch Gmünder Stauferjahr erscheint das passende Buch. Mit einer Lesung im historischen Gebäude der Stadtbibliothek stellte Timo Bader seinen Stauferroman einer großen interessierten Öffentlichkeit vor.
Schwäbisch Gmünd. Das Buch, das gebührend aus der Taufe gehoben wurde, ist ein Wunschkind. Keine Frage. Und es hat einige Väter, zumindest ideelle. Auch Mütter. Oder Paten. Das Stadtjubiläum spielt die Rolle der Muse, die Alexander Groll geküsst hat. Auch die Leiterin der Stadtbibliothek Sybille Bruckner-Schmidt bekam ihren Schmatz ab. Jörg Schumacher vom Einhornverlag griff den Wunsch nach einer Ortschronik bereitwillig auf. In Timo Bader wurde ein junger kenntnisreicher und begeisterungsfähiger Autor gefunden, der sich mit Energie und Akribie der Aufgabe stellte. Den Einband gestaltete der renommierte Künstler Hans Kloss.
Der Roman spielt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Damals hausten schlimme Räuber in den unwegsamen Wäldern von Lorch. Die überfielen Reisende und zogen bis vor die Stadttore Gmünds, wo sie die Zeitgenossen ihrer Barschaft beraubten.
Vier Monate hat Timo Bader sich durch Archive gewühlt, hat die historischen Fakten aufgearbeitet. Die Gmünder Johanniskirche sollte eine tragende Rolle im Roman erhalten. Der Schauplatz Gmünd ist zentraler Austragungsort des einen Handlungsstranges um den Knaben Kaspar. Der zweite Erzählstrang spielt in Palermo. Protagonist im staufischen Italien ist der andere Junge, Friedrich II. Intrigen, Morde, Machtkämpfe, Bannstrahle des Papstes – einer traf auch die Stadt Gmünd – geben der Geschichte ihren Pepp. Eine Liebesgeschichte darf nicht fehlen. Im Spannungsfeld zwischen historisch Belegtem und rein Fiktionalem bewegt sich der Autor mit geschickter Feder. Schließlich soll die Geschichte ja mit Lust und Spannung gelesen werden. Baders Credo „so authentisch wie möglich, aber auf alle Fälle spannend“ will seine Erzählung sein.
Mit freudigem Wiedererkennen bewegt sich der Leser rund um den „Herrenhof“, heute bekannt als Prediger, oder durch die Utighofer Gasse, die heutige Bocksgasse. Er lernt den Baumeister Johann kennen, der geschwind die Fratzen, Tiere, Pflanzen und Ungeheuer, die der Knabe Kaspar visionär vor Augen hat, mit seinem Bleistift zu Papier bringt. Mit neuem Blick wird man nun die Wasserspeier und Ornamente der Johanniskirche betrachten und sich dabei an die Ringsage von Agnes erinnern. Die Fundstelle des Ringes - auf dem Horn eines erlegten, na ja, Einhorns - wurde ja schließlich als Bauplatz für die Johanniskirche auserkoren.
Für die Stadt Schwäbisch Gmünd freute sich OB Richard Arnold in seinem Grußwort über den willkommenen Stauferroman. 

© Gmünder Tagespost 21.04.2012

Montag, 2. April 2012

Donnerstag, 29. März 2012

Die vorletzte Leseprobe! In 3 Wochen ist Veröffentlichung!

Die Räuber schleppten die Leichen hinter eine Reihe von Büschen und ließen sie dort einfach achtlos liegen. Anschließend schlugen sie sich tief in den Wald. Dort hatten sie ein provisorisches Lager errichtet. Auf einer Lichtung bildeten mehrere Zelte einen Halbkreis um einen offenen Platz herum. Etwas abgelegen gab es ein Gehege mit Schweinen und eine Hütte aus soliden Brettern.
In diese wurde Kaspar zunächst eingesperrt.
Am ersten Tag saß er wie versteinert da und wünschte sich, dass alles nur ein böser Traum war, aus dem er hoffentlich schon bald erwachen würde. Bruder David brachte ihm etwas zu essen, einen undefinierbaren Brei, den Kaspar jedoch nicht anrührte.
Die Nacht kam und ging, ohne dass er Notiz davon nahm. Am Morgen des zweiten Tages schleuderte Kaspar den Brei gegen die Wand. Er tobte und zerschlug alles, was er in die Finger bekam. Wären sie bloß nicht aus Bamberg geflohen, hätten sie sich nicht dem reichen Jakobus angeschlossen. Kaspar gab sich selbst die Schuld für den Tod der Mutter, weil es sein Vorschlag gewesen war, nach Gmünd zu reisen. Bruder Goliath musste ihn beruhigen, indem er in die Hütte kam und Kaspar mit seinen kräftigen Armen umschlang und solange festhielt, bis sein Widerstand erlahmte.
Den dritten Tag verbrachte Kaspar damit, zärtlich seiner Mutter zu gedenken. Er fürchtete, ihr Gesicht vergessen zu können, glaubte schon zu spüren, wie es langsam in seiner Erinnerung verblasste. Er würde sie nie wieder sehen. Niemals, nimmermehr. Bruder David leistete ihm Gesellschaft, sprach beruhigend auf ihn ein, aber Kaspar hörte nicht auf die sanften Worte des Zwerges.
Am vierten Tag nahm Kaspar wieder etwas Nahrung zu sich. Es wurde wieder der ekelhafte Brei serviert, der wie Erbrochenes aussah, aber nach Nüssen schmeckte. Kaspar erzählte Bruder Goliath von seiner Mutter. Er fasste jede Erinnerung, die er an sie hatte, in Worte, um ihr ein Denkmal zu setzen. Bruder Goliath lauschte angestrengt seinen Geschichten, doch Kaspar hatte Zweifel, ob er alles verstand.
Nach fünf Tagen unterhielt sich Kaspar angeregt mit Bruder David. Er erfuhr, dass der Zwerg ein Waise war. Die Menschen hatten ihn wie eine Absonderlichkeit behandelt. Er war verspottet und misshandelt geworden. Eines Tages traf er auf Goliath, der dasselbe Schicksal teilte. Beide waren sie anders – auf gänzlich verschiedene Weise. Fortan nannten sie sich Brüder und schlugen sich gemeinsam durchs Leben, bis sie auf die Räuberbande stießen. Dort fanden sie ein neues Heim. Hier tolerierte man sie, egal wie groß oder klein sie waren. Im Gegenzug machten sie sich hin und wieder die Hände für den Hauptmann schmutzig. Bruder David war nicht stolz auf das, was sie taten. Aber was blieb ihnen anderes übrig?
Als der siebte Tag vorüber war, öffnete sich die Tür zur Hütte, doch weder Bruder Goliath kam herein, noch Bruder David. Neugierig wagte Kaspar sich nach draußen. Der Platz vor der Hütte war leer gefegt bis auf den Narren, der ein weißes Taschentuch in den Händen hielt. Etwas abseits hockte ein zweites Mitglied der Räuber auf einem Fels. Der Mann trug eine edle Tunika, die an den Ärmeln ausgefranzt war. Über seinem Mund wuchs ein schmaler Bart, dessen Spitzen gezwirbelt nach oben standen.


Neugierig geworden? Fortsetzung folgt...
Noch 3 Wochen bis zum Verkaufsstart!

Dienstag, 13. März 2012

Die Spannung steigt. Es gibt wieder was zu Lesen!

Kaspar hatte Mühe, der Mutter zu folgen. Seit Stunden, so kam es ihm vor, lief sie vor ihm her, ohne langsamer zu werden oder nur ein einziges Mal anzuhalten, um sich auszuruhen. Seine Füße schmerzten und verlangten nach einer Pause, während Kaspar an der Mutter nicht das geringste Anzeichen von Erschöpfung verspüren konnte. Es schien, als wollte sie ewig so weitermarschieren, ohne Pause, immer dem schmalen Weg entlang, der sie fort führte von Bamberg, dessen schützende Mauern sie schon lange hinter sich gelassen hatten, und hinein in die Wildnis und eine ungewisse Zukunft.
„Mutter …“ Statt eines Rufes entrang sich nur ein trockenes Keuchen seiner Kehle, das Kaspar selbst kaum hören konnte.
Ein Zweig, den die Mutter zur Seite gebogen hatte, schnalzte zurück und Kaspar musste sich ducken, um nicht wie von einer Peitsche im Gesicht getroffen zu werden. Spitze Steine und dornige Ranken, auf die er trat, stachen durch seine ledernen Schlappen. Brennnesseln streiften seine halb zerrissene Hosen. Er zischte vor Schmerz.
„Mutter, bitte.“ Kaspar machte zwei schnelle Schritte, um zu ihr aufzuschließen, und legte ihr die Hand auf ihren Arm. „Sag, wie lange müssen wir noch laufen? Wohin gehen wir?“
„Weg …“, seufzte sie. „Weit, weit weg …“
Abrupt blieb Kaspar stehen. Wusste die Mutter überhaupt, in welche Richtung sie wanderten? Seine Schultern sanken enttäuscht herab. „Aber wo liegt unser Ziel?“, wollte er wissen.
„Ich weiß es nicht …“ Ohne sich umzudrehen, ging die Mutter weiter.
Entweder bemerkte sie Kaspars Widerstand nicht, oder sie ignorierte ihn einfach. So oder so, er war es leid, ihr einfach nachzurennen.
Entschlossen setzte Kaspar sich auf den Waldboden.
„Nun komm endlich“, drängte die Mutter.
„Keinen Schritt mache ich mehr“, entschied er. Kaspar verschränkte die Arme vor der Brust. „Erst will ich wissen, wohin wir gehen.“
Endlich blieb die Mutter stehen. Sie wandte sich nicht um, doch ihre Hände ballten sich zu Fäusten und die Fingernägel gruben sich in ihre Handballen. „Ich weiß es nicht“, wiederholte sie.
„Wir könnten doch nach Bamberg zurückkehren“, schlug Kaspar vor. „Sicher gibt es dort Menschen, die uns beschützen.“
„Bamberg ist zu gefährlich. Dort können wir keinem trauen.“
„Aber wohin können wir uns wenden? Wir brauchen einen Plan. Ein Ziel. Lass uns nach Norden gehen. Ans Meer“, sprach Kaspar seine Gedanken einfach laut aus. „Als blinde Passagiere verstecken wir uns an Bord eines Schiffes und fahren weit weg. Oder wir reisen nach Westen. Wir verlassen das Reich und werden Franzosen.“
„Oh Kaspar“, stöhnte die Mutter. „Du bist und bleibst ein Träumer.“



Neugierig geworden? Fortsetzung folgt...
Noch 5 Wochen bis zum Verkaufsstart!

Freitag, 2. März 2012

Heute gibts mal wieder eine kleine Wochenendlektüre für alle, die nicht mehr bis zur Veröffentlichung warten können oder wollen! ;-) Viel Spass beim Lesen!

 Wie Soldaten, streng organisiert und ohne sich verständigen zu müssen, teilten sich die Männer auf und durchsuchten die Kammer. Einer blickte aus dem Fenster, der andere warf den Tisch um, dann kniete er sich nieder und schaute unters Bett. Gerade wollte sich der größere der beiden den Schrank vornehmen, in dem sich Kaspar und seine Mutter versteckten, als vom Flur Lärm hereindrang: ein Poltern, gefolgt von einem spitzen Schrei.
„Sie ist nicht hier“, brummte der kleinere. Seine Nase lief spitz zu wie ein Dorn und eine Narbe zog sich quer über sein linkes Auge.
Die beiden Männer wandten sich zum Gehen. Kaspar spürte, wie sich seine Mutter neben ihm entspannte. Dabei verlagerte sie ihr Gewicht vom linken auf den rechten Fuß und das Holzbrett, auf dem letzterer stand, quietschte verräterisch. Entsetzt hielt Kaspar den Atem an.
Hoffentlich hatten die Männer das Geräusch nicht gehört. Er legte den Kopf zur Seite, konnte aber keinen der beiden durch das Schlüsselloch ausmachen. Sie waren aus seinem Sichtbereich verschwunden.
Vielleicht war das Quietschen erst erklungen, als sie die Kammer bereits verlassen hatten. Eben wollte Kaspar ausatmen, als einer der Männer in den Raum zurückkehrte. Es war der eine mit der Narbe.
„Was zum Teufel treibst du da?“, fluchte der andere. „Wenn wir uns nicht beeilen, wird sie noch entkommen.“
„Still!“, zischte der Mann mit der Narbe. „Ich habe etwas gehört.“
Langsam kam er auf den Schrank zu. Dabei erinnerte seine Haltung Kaspar an eine Schlange: Der Oberkörper des Mannes war starr aufgerichtet und der Rücken gerade durchgestreckt, als könnte sein Kopf jeden Moment nach vorne schnellen und zubeißen.
„Das war bestimmt nur eine Ratte“, meinte der andere. „Ich werde meine Belohnung nicht riskieren, nur weil du Ungeziefer jagst.“
Unbeirrt ging der Mann mit der Narbe weiter. Die rechte Hand wanderte zum Griff des Dolches, der an seinem Gürtel hing. Der Mann beugte sich nach vorne und lauschte gespannt. Kaspar nahm das Auge vom Schlüsselloch und versuchte, keinen Laut von sich zu geben. Auf der anderen Seite der Schranktür glaubte er den Mann mit der Narbe schnüffeln zu hören wie einen Jagdhund.
„Ihr werdet sie nicht kriegen!“, ertönte ein entschlossener Ruf.
Kaspar erkannte die Stimme des Boten. Ein Schlag traf den Schrank, vermutlich weil der Mann mit der Narbe dagegen gestoßen worden war, dann polterten Schritte zur Tür. Kaspar warf einen Blick durch das Schlüsselloch – und direkt auf die Narbe des Mannes! Dieser rappelte sich eben wieder auf, wirbelte herum und rannte los.
„Torfkopf, wie konntest du ihn entkommen lassen! Ihm nach!“
Die Schritte der Männer entfernten sich und wurden immer leiser, bis sie nach einer Weile nicht mehr zu hören waren. Kaspar wartete noch einen Augenblick, dann öffnete er die Schranktür. Der Raum lag verlassen da. Es war dem Boten gelungen, die Männer wegzulocken.
„Was tust du da?“, fragte die Mutter.
„Wir müssen weg. Je schneller, desto besser.“
„Aber wenn sie zurückkommen?“
„Bis dahin sind wir längst verschwunden“, versprach Kaspar.
Er glitt zur Tür und überzeugte sich davon, dass der Flur leer war.
Anschließend kehrte er zur Mutter zurück, nahm sie an der Hand und führte sie nach draußen. Sie huschten den Gang entlang, bis sie auf eine Kreuzung stießen...
Neugierig geworden? Fortsetzung folgt...
Noch 7 Wochen bis zum Verkaufsstart!

Donnerstag, 16. Februar 2012

Fortsetzung folgt... Seien Sie gespannt!





Die Spannung steigt! Wieder eine neue Leseprobe aus dem Buch "Im Bann der Staufer"!
 



Kapitel 1
1208, Bamberg, Alte Hofhaltung



Soll ich dir eine Geschichte erzählen, Kaspar?“
„Ich weiß nicht … Ist es eine wahre Geschichte? Oder eine von deinen erfundenen Mären? Mutter sagt, du darfst mir keine Lügengeschichten mehr erzählen, weil ich sonst Angstträume bekomme.“
„Es ist eine alte Geschichte“, meinte der Bote ausweichend und schmunzelte. „Ein Funke Wahrheit steckt wahrscheinlich dahinter, aber es wurde auch etwas dazugedichtet. Damit es spannender ist.“
Das klang verlockend, fand Kaspar. Und überzeugend. Mutter würde bestimmt nichts dagegen haben. „Wie fängt die Geschichte an?“
„Nun, wie alle guten Geschichten. Ganz am Anfang. Und mit den Worten: Es war einmal …“ Der Bote zwinkerte ihm zu.
„Jetzt fang endlich an, zu erzählen!“, drängte Kaspar.
„Es war einmal eine hochherrschaftliche Jagdgesellschaft, die durch das unwegsame aber wildreiche Waldgebiet um Hohenstaufen und Rems ritt. An der Spitze befand sich Kaiser Friedrich I., damals war er nur Herzog von Schwaben, in Begleitung seiner Frau, Agnes.“
„Und dabei hat Agnes ihren Ring verloren!“, rief Kaspar.
„Du kennst die Geschichte?“, wunderte sich der Bote.
„Es ist die Gründungslegende von Gmünd. Der Stadt, aus der meine Mutter stammt. Dort wurde ich geboren.“
„Oh, das wusste ich nicht“, gestand der Bote. „Dann muss ich dir wohl eine andere Geschichte erzählen.“
„Nein!“, protestierte Kaspar. „Es ist meine Lieblingsgeschichte.“
„Aber du weißt doch bereits, wie die Geschichte ausgeht. Ist es nicht langweilig, eine Geschichte zu hören, deren Ende man schon kennt?“
„Überhaupt nicht.“ Energisch schüttelte Kaspar den Kopf, sodass seine halblangen, dunklen Haare nach allen Seiten flogen. „Ich will wissen, wie du die Geschichte erzählst.“
„Also gut“, gab sich der Bote geschlagen. „Wo waren wir?“
„Die Jagdgesellschaft sprengte durch die Gefilde der Rems.“
„Ah ja.“ Der Bote nickte dankbar. „Im stürmischen Galopp preschten die Reiter durch den Wald. Dabei verlor Agnes ihren Ehering. Erst am Abend fiel ihr der schreckliche Verlust auf und sie schämte sich so sehr für ihre Unachtsamkeit, dass sie ihrem Mann nichts von dem Missgeschick erzählte. Aber wie es sich häufig mit Lügen verhält, kam auch in diesem Fall eines Tages die Wahrheit ans Licht. Friedrich bemerkte das Fehlen des Ringes und war außer sich vor Wut, weil er glaubte, Agnes habe den Ring einem heimlichen Geliebten gegeben.“
„Vielleicht einem Hofjäger“, überlegte Kaspar laut.
„Zornig steckte der Stauferherzog seine Frau in den Kerker. Dort litt sie große Einsamkeit, Hunger und Kälte.“
„Wie schlimm.“
„Kurze Zeit später ging Friedrich wieder auf die Jagd. Auf einer Lichtung sah er einen Hirsch stehen, ein prächtiges Tier.“
„Es könnte auch ein Einhorn gewesen sein“, warf Kaspar ein.
„Deine Fantasie, junger Freund, lässt aus dieser wahren Geschichte ein Märchen für Kinder und Narren werden“, schalt ihn der Bote.
Beleidigt verzog Kaspar den Mund. „Mutter lässt mich immer die Geschichten mitgestalten“, beschwerte er sich.
„Meinetwegen.“ Der Bote räusperte sich. „Am Waldrand erblickte Friedrich“ – er warf Kaspar einen strengen Seitenblick zu, dann verdrehte er die Augen und fuhr fort – „ein Einhorn stehen. Es war größer als das stattlichste Ross und trug ein langes Horn mitten auf der Stirn, das im Licht der Sonne glänzte wie polierter Edelstein.“
„Oder wie Gold.“
„Oder wie Gold“, brummte der Bote. „Der Stauferherzog erlegte das Einhorn mit nur einem einzigen Pfeil.“
„Grausam.“
„Gefällt es dir nicht?“, fragte der Bote.
„Doch, doch, erzähl weiter.“ Kaspars Augen leuchteten.
„Als das Einhorn stürzte, sah Friedrich etwas auf dem Horn blitzen. Also stieg er von seinem Ross und ging zu dem toten Tier. Tatsächlich steckte auf dem Horn ein Ring.“
„Der Ehering seiner treuen Agnes.“ Diese Stelle liebte Kaspar am meisten. „Damit war bewiesen, dass sie ihn nie belogen hatte.“
„Nun ja, also im Grunde …“, setzte der Bote an, fing sich für seinen Widerspruch aber einen bösen Blick Kaspars ein. „Ja, schon gut. Du hast Recht. Friedrichs Eifersucht hatte ihn blind gemacht. Sofort ließ er seine Frau aus dem Kerker holen. Um Agnes seine Liebe zu beweisen, versprach er, ihr jeden Wunsch zu erfüllen.“
„Und Agnes wünschte sich, dass an der Stelle, an der ihr Ring wiedergefunden worden war, eine Stadt gebaut werden sollte.“


Neugierig geworden? Fortsetzung folgt...
Noch 10 Wochen bis zum Verkaufsstart!

Mittwoch, 1. Februar 2012

Der Countdown läuft!

*** Der Countdown läuft! ***
Noch 12 Wochen bis zur Neuerscheinung des Romans "Im Bann der Staufer" von Timo Bader!

*Leseprobe*



Als Kaspar die Metzgerei verließ, stürmte ihm ein Rudel Kinder entgegen. Kaum war er ihnen ausgewichen, schwer beladen mit der Gans fürs Weihnachtsessen, klopften sie an die Ladentür. Der dicke Fleischhauer mit seiner blutigen Jacke trat heraus und verteilte Wurstanschnitte an die Meute. Die Kinder riefen: „Gut´s Jahr, gut´s Jahr“, stopften die Beute in ihre Säcke, die bereits prall mit Brezeln, Äpfel und Nüssen gefüllt waren, und eilten zum nächsten Haus. Schmunzelnd blickte Kaspar der Bande hinterher.
Es war Winter und Schnee hatte sich wie eine weiße Decke über der Stadt ausgebreitet. In den Fenstern der Häuser brannten Kerzen und in den Kaminen flackerten warme Feuer. Kaspar freute sich auf die gebratene Gans mit Kraut, die Agnes jedes Jahr zu Weihnachten zubereitete. In vielen anderen Häusern speisten die Gmünder zu dieser festlichen Zeit Karpfen oder Weißfisch.
Überall gab es Gutsla. Auf dem Weg nach Hause machte Kaspar einen Umweg über den Marktplatz. Auch das Dach der Johanniskirche war schneebedeckt, als wäre es mit Puderzucker bestreut worden, und glitzerte schwach im Mondlicht.
Daheim erwarteten ihn Agnes, die ihren Stuhl nahe an die Feuerstelle gerückt hatte und mit Hammer und Meißel an einer kleinen Skulptur arbeitete, und Franziskus, der sie wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit besuchte. Das Haar des Alten war schlohweiß und sein Gesicht so zerfurcht wie Baumrinde. In diesen Tagen sah man stets einen großen schwarzen Hund an seiner Seite, dem Franziskus das Leben gerettet hatte. Als Konrad IV., der Sohn des Stauferkaisers Friedrich II., im Juni nach Gmünd gekommen war, hatten die Bewohner alle streunenden Hunde getötet und den Kot von den Straßen gewaschen, um einen guten Eindruck zu machen. Franziskus nannte seinen Schützling Nero, was italienisch war und schwarz hieß, und hatte ihm einige Kunststücke beigebracht. So konnte der Hund ihm die Türen öffnen oder trug mit Begeisterung die Bücher des Alten in einer Art Satteltasche auf dem Rücken.
Kaspar stellte die Gans auf den Tisch, schlüpfte aus dem warmen Mantel, begrüßte den Alten herzlich und setzte sich anschließend zu Agnes an den Kamin.
„Was soll das werden? Noch eine Simsfigur für die Johanniskirche? Du weißt, dass wir dafür nicht mehr bezahlt werden“, belehrte er seine Frau mit sanfter Strenge.
„Ich war heute bei diesem neuen Arzt, Meister Eberwin“, antwortete Agnes ausweichend. „Er sagt, es gäbe mehrere Fälle, in denen Frauen in meinem Alter noch gesunde Kinder geboren haben. Die Mutter des Kaisers hat Friedrich erst mit fast vierzig Jahren zur Welt gebracht.“
„Ich halte nichts von diesen Ärzten. Sie erzählen einem, was man hören will, hoffnungsvolle Geschichten, nur damit man ihre nutzlosen Tränke und Tinkturen kauft.“ Kaspar lachte verächtlich. „Nur die Wahrheit sagen sie nie, diese Lügner und Betrüger.“
„Kaspar, ich …“, setzte seine Frau an.
Bevor Agnes den Satz vollenden konnte, klopfte es an der Tür.
„Das werden die Kinder sein“, meinte Kaspar. „Ich habe eine Gruppe von ihnen beim Meister Fleischhauer getroffen.“
„Diese nimmersatten Gierschlunde werden von Jahr zu Jahr gefräßiger“, fluchte Franziskus. „Wie die wilden Tiere sind diese kleinen Biester.“
Kaspar nahm eine hölzerne Schale mit Schnitzbrot und Lebkuchen vom Tisch. „Dann werde ich die Raubtiere mal füttern.“
Er öffnete die Tür, doch statt sich einer Schar Kinder erwehren zu müssen, sah Kaspar sich einem Fremden gegenüber. Der Mann war in mittlerem Alter, hatte einen dunklen Teint, als käme er aus einem fernen Land, in dem es nie schneit, und trug einen Schulterumhang von feiner Machart. Seinen Kopf bedeckte ein Hut mit breiter Krempe, die sein Gesicht fast völlig überschattete, und in der Hand hielt er einen Botenstab, der sein Amt verriet. Ein Dolch und eine Trinkflasche hingen an seinem Gürtel.
„Seid gegrüßt“, sagte der Fremde in verständlichem Deutsch aber mit einem fremdländischen Akzent, als wäre seine Zunge es nicht gewohnt, diese Sprache zu sprechen.
„Seid gegrüßt“, gab Kaspar zurück. „Hatten wir geschäftlich miteinander zu tun?“
„Wie kommt Ihr darauf?“, wollte der Fremde wissen.
„Nun, kennt Ihr nicht den Ursprung der Anklopfet? Meine Mutter hat mir davon erzählt. Lange bevor die Kinder mit ihren Beuteln durch die Stadt zogen und an die Türen pochten, so heißt es, holten sich die Dienstboten ein Trinkgeld von den Häusern ab, in denen sie das Jahr über etwas eingesammelt oder geliefert haben. Bitte verzeiht mir meine Verwirrung“, entschuldigte sich Kaspar, „aber an Euer Gesicht kann ich mich nicht erinnern.“
Tatsächlich war das Antlitz des Fremden sehr einprägsam. Er hatte ebenmäßige Züge und schmale Augen, die misstrauisch aber ohne Scheu in die Welt blickten, seine Nase lief spitz zu wie der Schnabel eines Falken, und die hohe Stirn verlieh ihm ein strenges Aussehen.
„Von Euren Bräuchen weiß ich nichts. Ich kenne nur das Gastrecht“, gestand der Fremde. „Ich bin ein Bote auf der Durchreise und suche eine Bleibe für die Nacht.“
„Warum geht ihr dann nicht in ein Wirtshaus?“, fragte Kaspar.
„Es ist Weihnachten. Alle Zimmer in den Gaststätten sind bereits belegt“, antwortete der Bote. „Ihr seid meine letzte Hoffnung, sonst muss ich auf der Straße schlafen und erfrieren. Und heißt es nicht: Denn wer da bittet, der nimmt, und wer da suchet, der findet, und wer da anklopfet, dem wird aufgetan.“
„Ein Bote ist bei uns herzlich willkommen“, entschied Kaspar und die Worte weckten traurige Erinnerungen an seinen Vater, die er in eine dunkle Kammer in seinem Kopf verbannt und dort für immer vergessen geglaubt hatte. „Tretet ein und wärmt Euch auf.“
Eilig kam der Bote der Aufforderung nach. Er nahm seinen Hut und den Mantel ab, rieb sich die Hände und blies seinen warmen Atem hinein. „Dieses Feuer ist eine wahre Wohltat, ich danke Euch.“ Den Dolch behielt er an seinem Gürtel.
Nero sträubte die Nackenhaare und gab ein düsteres Knurren von sich, als witterte er Gefahr, die dem Fremden anhaftete wie ein widerlicher Pestgestank.
„Der Hund mag ihn nicht“, brummte Franziskus.


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