Donnerstag, 29. März 2012

Die vorletzte Leseprobe! In 3 Wochen ist Veröffentlichung!

Die Räuber schleppten die Leichen hinter eine Reihe von Büschen und ließen sie dort einfach achtlos liegen. Anschließend schlugen sie sich tief in den Wald. Dort hatten sie ein provisorisches Lager errichtet. Auf einer Lichtung bildeten mehrere Zelte einen Halbkreis um einen offenen Platz herum. Etwas abgelegen gab es ein Gehege mit Schweinen und eine Hütte aus soliden Brettern.
In diese wurde Kaspar zunächst eingesperrt.
Am ersten Tag saß er wie versteinert da und wünschte sich, dass alles nur ein böser Traum war, aus dem er hoffentlich schon bald erwachen würde. Bruder David brachte ihm etwas zu essen, einen undefinierbaren Brei, den Kaspar jedoch nicht anrührte.
Die Nacht kam und ging, ohne dass er Notiz davon nahm. Am Morgen des zweiten Tages schleuderte Kaspar den Brei gegen die Wand. Er tobte und zerschlug alles, was er in die Finger bekam. Wären sie bloß nicht aus Bamberg geflohen, hätten sie sich nicht dem reichen Jakobus angeschlossen. Kaspar gab sich selbst die Schuld für den Tod der Mutter, weil es sein Vorschlag gewesen war, nach Gmünd zu reisen. Bruder Goliath musste ihn beruhigen, indem er in die Hütte kam und Kaspar mit seinen kräftigen Armen umschlang und solange festhielt, bis sein Widerstand erlahmte.
Den dritten Tag verbrachte Kaspar damit, zärtlich seiner Mutter zu gedenken. Er fürchtete, ihr Gesicht vergessen zu können, glaubte schon zu spüren, wie es langsam in seiner Erinnerung verblasste. Er würde sie nie wieder sehen. Niemals, nimmermehr. Bruder David leistete ihm Gesellschaft, sprach beruhigend auf ihn ein, aber Kaspar hörte nicht auf die sanften Worte des Zwerges.
Am vierten Tag nahm Kaspar wieder etwas Nahrung zu sich. Es wurde wieder der ekelhafte Brei serviert, der wie Erbrochenes aussah, aber nach Nüssen schmeckte. Kaspar erzählte Bruder Goliath von seiner Mutter. Er fasste jede Erinnerung, die er an sie hatte, in Worte, um ihr ein Denkmal zu setzen. Bruder Goliath lauschte angestrengt seinen Geschichten, doch Kaspar hatte Zweifel, ob er alles verstand.
Nach fünf Tagen unterhielt sich Kaspar angeregt mit Bruder David. Er erfuhr, dass der Zwerg ein Waise war. Die Menschen hatten ihn wie eine Absonderlichkeit behandelt. Er war verspottet und misshandelt geworden. Eines Tages traf er auf Goliath, der dasselbe Schicksal teilte. Beide waren sie anders – auf gänzlich verschiedene Weise. Fortan nannten sie sich Brüder und schlugen sich gemeinsam durchs Leben, bis sie auf die Räuberbande stießen. Dort fanden sie ein neues Heim. Hier tolerierte man sie, egal wie groß oder klein sie waren. Im Gegenzug machten sie sich hin und wieder die Hände für den Hauptmann schmutzig. Bruder David war nicht stolz auf das, was sie taten. Aber was blieb ihnen anderes übrig?
Als der siebte Tag vorüber war, öffnete sich die Tür zur Hütte, doch weder Bruder Goliath kam herein, noch Bruder David. Neugierig wagte Kaspar sich nach draußen. Der Platz vor der Hütte war leer gefegt bis auf den Narren, der ein weißes Taschentuch in den Händen hielt. Etwas abseits hockte ein zweites Mitglied der Räuber auf einem Fels. Der Mann trug eine edle Tunika, die an den Ärmeln ausgefranzt war. Über seinem Mund wuchs ein schmaler Bart, dessen Spitzen gezwirbelt nach oben standen.


Neugierig geworden? Fortsetzung folgt...
Noch 3 Wochen bis zum Verkaufsstart!

Dienstag, 13. März 2012

Die Spannung steigt. Es gibt wieder was zu Lesen!

Kaspar hatte Mühe, der Mutter zu folgen. Seit Stunden, so kam es ihm vor, lief sie vor ihm her, ohne langsamer zu werden oder nur ein einziges Mal anzuhalten, um sich auszuruhen. Seine Füße schmerzten und verlangten nach einer Pause, während Kaspar an der Mutter nicht das geringste Anzeichen von Erschöpfung verspüren konnte. Es schien, als wollte sie ewig so weitermarschieren, ohne Pause, immer dem schmalen Weg entlang, der sie fort führte von Bamberg, dessen schützende Mauern sie schon lange hinter sich gelassen hatten, und hinein in die Wildnis und eine ungewisse Zukunft.
„Mutter …“ Statt eines Rufes entrang sich nur ein trockenes Keuchen seiner Kehle, das Kaspar selbst kaum hören konnte.
Ein Zweig, den die Mutter zur Seite gebogen hatte, schnalzte zurück und Kaspar musste sich ducken, um nicht wie von einer Peitsche im Gesicht getroffen zu werden. Spitze Steine und dornige Ranken, auf die er trat, stachen durch seine ledernen Schlappen. Brennnesseln streiften seine halb zerrissene Hosen. Er zischte vor Schmerz.
„Mutter, bitte.“ Kaspar machte zwei schnelle Schritte, um zu ihr aufzuschließen, und legte ihr die Hand auf ihren Arm. „Sag, wie lange müssen wir noch laufen? Wohin gehen wir?“
„Weg …“, seufzte sie. „Weit, weit weg …“
Abrupt blieb Kaspar stehen. Wusste die Mutter überhaupt, in welche Richtung sie wanderten? Seine Schultern sanken enttäuscht herab. „Aber wo liegt unser Ziel?“, wollte er wissen.
„Ich weiß es nicht …“ Ohne sich umzudrehen, ging die Mutter weiter.
Entweder bemerkte sie Kaspars Widerstand nicht, oder sie ignorierte ihn einfach. So oder so, er war es leid, ihr einfach nachzurennen.
Entschlossen setzte Kaspar sich auf den Waldboden.
„Nun komm endlich“, drängte die Mutter.
„Keinen Schritt mache ich mehr“, entschied er. Kaspar verschränkte die Arme vor der Brust. „Erst will ich wissen, wohin wir gehen.“
Endlich blieb die Mutter stehen. Sie wandte sich nicht um, doch ihre Hände ballten sich zu Fäusten und die Fingernägel gruben sich in ihre Handballen. „Ich weiß es nicht“, wiederholte sie.
„Wir könnten doch nach Bamberg zurückkehren“, schlug Kaspar vor. „Sicher gibt es dort Menschen, die uns beschützen.“
„Bamberg ist zu gefährlich. Dort können wir keinem trauen.“
„Aber wohin können wir uns wenden? Wir brauchen einen Plan. Ein Ziel. Lass uns nach Norden gehen. Ans Meer“, sprach Kaspar seine Gedanken einfach laut aus. „Als blinde Passagiere verstecken wir uns an Bord eines Schiffes und fahren weit weg. Oder wir reisen nach Westen. Wir verlassen das Reich und werden Franzosen.“
„Oh Kaspar“, stöhnte die Mutter. „Du bist und bleibst ein Träumer.“



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Freitag, 2. März 2012

Heute gibts mal wieder eine kleine Wochenendlektüre für alle, die nicht mehr bis zur Veröffentlichung warten können oder wollen! ;-) Viel Spass beim Lesen!

 Wie Soldaten, streng organisiert und ohne sich verständigen zu müssen, teilten sich die Männer auf und durchsuchten die Kammer. Einer blickte aus dem Fenster, der andere warf den Tisch um, dann kniete er sich nieder und schaute unters Bett. Gerade wollte sich der größere der beiden den Schrank vornehmen, in dem sich Kaspar und seine Mutter versteckten, als vom Flur Lärm hereindrang: ein Poltern, gefolgt von einem spitzen Schrei.
„Sie ist nicht hier“, brummte der kleinere. Seine Nase lief spitz zu wie ein Dorn und eine Narbe zog sich quer über sein linkes Auge.
Die beiden Männer wandten sich zum Gehen. Kaspar spürte, wie sich seine Mutter neben ihm entspannte. Dabei verlagerte sie ihr Gewicht vom linken auf den rechten Fuß und das Holzbrett, auf dem letzterer stand, quietschte verräterisch. Entsetzt hielt Kaspar den Atem an.
Hoffentlich hatten die Männer das Geräusch nicht gehört. Er legte den Kopf zur Seite, konnte aber keinen der beiden durch das Schlüsselloch ausmachen. Sie waren aus seinem Sichtbereich verschwunden.
Vielleicht war das Quietschen erst erklungen, als sie die Kammer bereits verlassen hatten. Eben wollte Kaspar ausatmen, als einer der Männer in den Raum zurückkehrte. Es war der eine mit der Narbe.
„Was zum Teufel treibst du da?“, fluchte der andere. „Wenn wir uns nicht beeilen, wird sie noch entkommen.“
„Still!“, zischte der Mann mit der Narbe. „Ich habe etwas gehört.“
Langsam kam er auf den Schrank zu. Dabei erinnerte seine Haltung Kaspar an eine Schlange: Der Oberkörper des Mannes war starr aufgerichtet und der Rücken gerade durchgestreckt, als könnte sein Kopf jeden Moment nach vorne schnellen und zubeißen.
„Das war bestimmt nur eine Ratte“, meinte der andere. „Ich werde meine Belohnung nicht riskieren, nur weil du Ungeziefer jagst.“
Unbeirrt ging der Mann mit der Narbe weiter. Die rechte Hand wanderte zum Griff des Dolches, der an seinem Gürtel hing. Der Mann beugte sich nach vorne und lauschte gespannt. Kaspar nahm das Auge vom Schlüsselloch und versuchte, keinen Laut von sich zu geben. Auf der anderen Seite der Schranktür glaubte er den Mann mit der Narbe schnüffeln zu hören wie einen Jagdhund.
„Ihr werdet sie nicht kriegen!“, ertönte ein entschlossener Ruf.
Kaspar erkannte die Stimme des Boten. Ein Schlag traf den Schrank, vermutlich weil der Mann mit der Narbe dagegen gestoßen worden war, dann polterten Schritte zur Tür. Kaspar warf einen Blick durch das Schlüsselloch – und direkt auf die Narbe des Mannes! Dieser rappelte sich eben wieder auf, wirbelte herum und rannte los.
„Torfkopf, wie konntest du ihn entkommen lassen! Ihm nach!“
Die Schritte der Männer entfernten sich und wurden immer leiser, bis sie nach einer Weile nicht mehr zu hören waren. Kaspar wartete noch einen Augenblick, dann öffnete er die Schranktür. Der Raum lag verlassen da. Es war dem Boten gelungen, die Männer wegzulocken.
„Was tust du da?“, fragte die Mutter.
„Wir müssen weg. Je schneller, desto besser.“
„Aber wenn sie zurückkommen?“
„Bis dahin sind wir längst verschwunden“, versprach Kaspar.
Er glitt zur Tür und überzeugte sich davon, dass der Flur leer war.
Anschließend kehrte er zur Mutter zurück, nahm sie an der Hand und führte sie nach draußen. Sie huschten den Gang entlang, bis sie auf eine Kreuzung stießen...
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